Werte
Es gibt Freiheiten, die man nicht verhandeln kann. Nicht, weil sie bequem wären, sondern weil ohne sie alles andere ins Wanken gerät. Die Freiheit, zu sagen, was man denkt. Die Freiheit, zu glauben, was man für wahr hält. Die Freiheit, seinem Gewissen zu folgen, auch wenn es unbequem wird. Die Freiheit, zu forschen, zu irren, zu erkennen, offen, ohne Angst vor Repressalien. Diese Grundfreiheiten sind keine Nebensache. Sie sind das tragende Gerüst jeder offenen Gesellschaft. Wo sie brüchig werden, wird alles andere früher oder später morsch.
Wir glauben, dass der Mensch nur dort wirklich aufblühen kann, wo er reden darf – nicht nur das Naheliegende, sondern auch das Schwierige, das Unzeitgemässe, das Störende. Denn es ist durch Sprache, dass Gedanken geformt, geprüft und weitergegeben werden. Und es ist durch freie Rede, dass Gesellschaften lernen, sich ohne Gewalt zu verändern. Überzeugungen, Weltanschauungen, ethische Massstäbe. All das wächst nicht im Konsens, sondern im Widerspruch. Nur eine Kultur der offenen Debatte, gestützt auf Vernunft, Belege und gemeinsamen Anstand, erlaubt es, Konflikte friedlich zu lösen.
Die Geschichte zeigt, was geschieht, wenn das freie Wort verschwindet. Es verschwindet oft als Erstes, oder es verschwindet früh. Tyrannen fürchten es, denn es erlaubt den Menschen, sie zu benennen. Wer die Sprache einschnürt, bereitet den Boden für Furcht, für Gehorsam, für Gleichschritt. Der Verlust der Meinungsfreiheit ist immer der Anfang vom Ende.
Wir sehen mit Sorge, dass diese Freiheit heute unter Druck steht, in Europa, in der Schweiz, in Deutschland. Und nicht irgendwo, sondern gerade dort, wo sie am stärksten sein müsste: in Universitäten und Schulen, auf Bühnen und Bildschirmen, in Redaktionen, im politischen Raum. Es ist das Ziel vom Bündnis Redefreiheit, diese Freiheit zu schützen. Nicht abstrakt, sondern ganz konkret. Von Fall zu Fall. Von Mensch zu Mensch.
Wir entscheiden nicht, ob eine Meinung absolut richtig ist oder falsch, klug oder töricht, geschmackvoll oder provokant. Das ist nicht unsere Aufgabe, und nicht unser Recht. Was wir aber sagen: Jeder Mensch hat das Recht, seine Meinung zu äussern, solange er nicht zur Gewalt aufruft. Und jeder Mensch hat das Recht, sich zu wehren, wenn er dafür bedroht, verfolgt oder zum Schweigen gebracht wird.
Von unseren Mitgliedern erwarten wir, dass sie dieselbe Freiheit, die sie für sich beanspruchen, auch anderen zugestehen, selbst dann, wenn sie anderer Meinung sind. Diskussion ist ein Akt der Aufklärung. Wer überzeugen will, braucht Argumente, keine Beleidigungen. Wer eine Gesellschaft mitgestalten will, braucht Geduld, Mut und Mass, nicht Einschüchterung.
Natürlich gilt auch für uns: Es gibt Grenzen, wie das Gesetz und der Rechtsstaat. Persönliche Angriffe, Drohungen, Herabwürdigung anderer aufgrund ihrer Herkunft, ihres Glaubens oder ihrer Zugehörigkeit lehnen wir ab.
Aber wir glauben auch: Eine Gesellschaft, die nur noch das zulässt, was niemanden stört, ist keine freie Gesellschaft mehr. Meinungsfreiheit bedeutet nicht, dass jede Äusserung willkommen ist. Sie bedeutet, dass auch das Unwillkommene gesagt werden darf.
Denn wer nur die „richtigen“ Meinungen schützt, schützt nicht die Meinungsfreiheit. Und wer nur das zulässt, was dem Konsens entspricht, bereitet einer Kultur der Angst den Weg. Wir stimmen George Orwell zu: „Wenn Freiheit überhaupt etwas bedeutet, dann das Recht, den Menschen das zu sagen, was sie nicht hören wollen.“